Das Trautonium auf Reisen
Um mit seinem Instrument auf Konzertreise gehen zu können, baute Sala ein transportables Gegenstück zum Rundfunktrautonium: das Konzerttrautonium. Das Konzerttrautonium ging zum ersten Mal 1939 über die Rundfunkstation Deutschlandsender auf Sendung. Live trat es erstmals am 28. Oktober 1940 in Erscheinung, im Rahmen eines Spezialkonzerts für zeitgenössische Musik der Berliner Philharmoniker, wo Sala Harald Genzmers Trautoniumkonzert aufführte.[10]
Das nachfolgende Konzertprogramm bietet Einsicht in die Art von Musik, die Sala sowohl auf dem Rundfunktrautonium, als auch dem Konzerttrautonium darbot.
Die Auswahl an Komponisten bekräftigend, deren Werke Sala im Radio spielte, waren zwei Auszüge aus Niccolò Paganinis Violinkonzert Nr. 1, Op. 6 (1816) und Nr. 2, Op. 7 (1826) Teil des Konzertprogramms. Aus Nr. 1 der zweite Satz (Adagio), aus Nr. 2 der dritte Satz (Rondo, genannt La Campanella). Das Nebeneinander dieser beiden Sätze war eine strategisch gelungene Auswahl: Im langsamen Satz konnte Sala die ausdrucksstarke und warme Vibrato-Funktion zur Schau stellen, die das Saiten-Manual ermöglicht, und sich somit der Kritik entgegenstellen, neue elektrische Instrumente hätten einen kalten und ausdruckslosen Ton. Auf der anderen Seite ermöglichte das lebhafte Rondo es Sala sein Publikum zu verblüffen, indem er ein bekanntes und sehr schwieriges Violinstück aufführte. Dem Programmheft zufolge, unternahm Sala „klangliche Änderungen“ und „virtuose Zusätze“, die nur auf dem Trautonium ausführbar seien.[11] Diese beinhalteten die Ausführung verschiedener Tutti-Passagen und die klangliche Nachahmung von Glöckchen. Zudem konnte Sala die vielfältigen Klangfarben seines Instruments aufzeigen, während er ein Arrangement des Stücks ablieferte, das überstieg was für das Originalinstrument, die Violine, spielbar wäre.
Das Programm verrät auch, dass Harald Genzmers Fantasie – Sonate, speziell geschrieben für Trautonium und Klavier, 1940 in der Münchner Residenz zur Uraufführung gelangte. Genzmers Werk betreffend betonte Sala, es sei nicht zu Demonstrationszwecken des Trautoniums konzipiert worden. Vielmehr seien die durch das Trautonium gegebenen neuen Möglichkeiten „Voraussetzungen für die freie Entfaltung der schöpferischen Fantasie nach Klang und Linie.“[12]
Trotzdem ließ sich Genzmer zweifelsohne zu einem gewissen Grad von den neuen Funktionen des Trautoniums inspirieren und sah sich veranlasst ein Stück zu komponieren, das diese nutzen könnte. Genzmer begleitete Sala zu mindestens vier weiteren Anlässen: in Wien, Berlin, Dresden und Florenz.
1944 wurde Sala von den deutschen Streitkräften eingezogen und an die Ostfront entsandt.[13]
Zitierweise: Julin Lee, „Subharmonische Fantasien: Das Vermächtnis von Oskar Sala und dem Mixturtrautonium“, in: Materialität der Musikinstrumente. Eine virtuelle Ausstellung.