Unterschiedliche Notenrollen

Vergleich Notenrollen für das Pianola und für das Reproduktionsklavier

I. Paderewski, Menuett, Op. 14/1 auf einer Notenrolle der Firma Aeolian (Rollennr. TY 8555), aus der Sammlung des Deutschen Museums, München, Inv.-Nr. 2014-885. Foto: Deutsches Museum, K. Rainer CC BY-SA 4.0

I. Paderewski, Menuett, Op. 14/1, gespielt von Paderewski, auf einer Notenrolle der Firma Welte (Rollennr. 1263), aus der Sammlung des Deutschen Museums, München, Inv.-Nr. 2002-461. Foto: Deutsches Museum, K. Rainer CC BY-SA 4.0

Beide Rollen kodieren das Menuett Op. 14 von Paderewski. Die Rolle der Aeolian Company (TY 8555) ist von der Partitur ausgehend gestanzt. Das heißt, in der Lochung sind Tonhöhen und Tondauern exakt so aufgenommen, wie sie vom Komponisten in der Partitur festgelegt wurden. Um eine Interpretation zu gestalten, finden sich graphische Anweisungen durch die aufgezeichneten Linien, denen die Spieler folgen können.

Die Rolle der Firma Welte ist hingegen von einem Pianisten eingespielt worden—in diesem Fall vom Komponisten selbst. Die Lochungen geben also diese bestimmte Interpretation wieder, mit den spezifischen Abweichungen in Tempo, Tondauern und Dynamik. Da die Rolle zur automatisierten Wiedergabe gedacht ist, gibt es keine Anweisungen für die musikalische Interpretation.

 

Die Produktion und Vervielfältigung der Rollen


Für das Pianola wurden die Notenrollen als Kopie der Notenschrift hergestellt: Tonhöhen und Tondauern wurden auf die Rollen übertragen und dann gestanzt. (Anders als beim Reproduktionsklavier beinhalten die Rollen also keine spezifische Interpretation). Während die Stanzungen relativ einfach auf weitere Rollen übertragen werden konnten, stellte sich die Vervielfältigung der graphischen Aufzeichnungen schwieriger dar. Verschiedene Methoden wurden erprobt, von Schablonen bis zu einer Kopiermaschine, die Metrostyle-Linien auf bis zu 15 Rollen vervielfältigen konnte. Diese wurde aber immer noch händisch von einem Arbeiter in der Fabrik bedient, der einer Vorlage folgte. (Weitere Bilder und Informationen zur Herstellung von Notenrollen finden sich hier.)

Eine gewisse Ungenauigkeit war unvermeidbar. Manchmal finden sich auch abschnittsweise Wellenlinien, die nur auf einzelnen Rollen aufscheinen (vielleicht wollten hier einzelne Fabrikarbeiter ihre Kreativität aufzeigen?). Hier zum Beispiel zwei vornehmlich idente Rollen von Beethovens Ecossaisen WoO 22. An derselben Stelle im Stück treten in der Rolle oben im Bild mehrere Abweichungen der Metrostyle-Linie auf, während diese in der unteren Rolle gerade gezeichnet ist.

L.v. Beethoven Ecossaisen WoO 22, gespielt von Carl Reinecke. Diese Rollen der Firma Meißner & Schüller (15500) beruhen auf einer Einspielung des Pianisten Carl Reinecke, sind aber dennoch für das Spiel am Pianola (oder einem vergleichbaren Instrument) gedacht. Foto: Deutsches Museum, S. Probst CC BY-SA 4.0

Vergleich zweier vornehmlich identer Rollen von L. v. Beethoven, Ecossaisen WoO 22, links im Bild: Inv.-Nr. 1986-525T46, rechts: Inv.-Nr. 1986-525T21. Foto: Deutsches Museum, S. Probst CC BY-SA 4.0

Man sieht im Vergleich an der hervorgehobenen Stelle, dass sich die Metrostyle-Linie deutlich unterscheidet, obwohl es sich um vornehmlich idente Rollen handelt, oben im Bild: Inv.-Nr. 1986-525T46, unten: Inv.-Nr. 1986-525T21. Foto: Deutsches Museum, S. Probst CC BY-SA 4.0

Zwei Rollen im Vergleich. J. Brahms: Ungarischer Tanz Nr. 5, links im Bild:  Rollennr. T9347 Inv.-Nr. 1980-470T16, rechts: Rollennr. T80002 Inv.-Nr. 1986-525T70. Foto: Deutsches Museum, S. Probst CC BY-SA 4.0


Beim Vergleich der beiden Rollen zum Ungarischen Tanz Nr. 5 von J. Brahms widerum zeigt sich, wie unterschiedlich die Metrostyle-Linie gestaltet sein konnte. Bei der Rolle T9347 der Aeolian Company sind sehr detailliert massive Temposchwankungen angezeigt, während die Metrostyle-Linie auf der Rolle T80002 für den jeweils selben Abschnitt des Stücks fast gerade verläuft. Beim Abspielen von letzterer Version (siehe Video) hört man, dass diese gerade Linie ziemlich steif klingt. Die Version mit der wild bewegten Linie auf T9347 kommt da eher an eine überzeugende musikalische Interpretation heran.

Die Rolle DM 1986-525T70 gespielt auf der Phonola des Deutschen Museums. Video: Deutsches Museum, S. Probst CC BY-SA 4.0

Vergleich zweier Rollen der Aeolian Company zu J. Brahms, Ungarischer Tanz Nr. 5

oben: Aeolian/Choralion (Rollennr. T9347) Inv.-Nr. 1980-470T16; unten: Aeolian Company (Rollennr. T80002) Inv.-Nr. 1986-525T70.

Foto: Deutsches Museum, S. Probst CC BY-SA 4.0

Foto: Deutsches Museum, S. Probst CC BY-SA 4.0

Zitierweise: Stephanie Probst, „Spielen wie Paderewski, Chaminade und Co.: Musikpädagogik mit Notenrollen für das Pianola“, in: Materialität der Musikinstrumente. Eine virtuelle Ausstellung.

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