Wie einfach ist es wirklich?

Versucht man die aufgezeichnete Interpretation in der Praxis umzusetzen, stellt sich schnell heraus, dass das Spielen mit dem Pianola doch nicht ganz so einfach ist, wie es versprochen wurde. Es bedarf Übung, um das kontrollierte Treten der Pedale zu lernen und die Bedienung des Instruments zu beherrschen. Dazu gab es Anweisungsbroschüren und Übungsrollen. Sodann kann man beginnen, von den großen, namhaften Lehrern zu lernen—sei es nun Paderewski, Chaminade, Moszkowski, oder wie sie sonst noch alle hießen. Durch wiederholtes Abspielen der Rollen und Befolgen der aufgezeichneten Anweisungen sollten musikalische Aufführungsprinzipien gelernt und verinnerlicht werden. Dadurch sollte ein Gespür für künstlerische Interpretation trainiert werden, sodass die Spielenden letztendlich auch ihre eigenen Aufführungen gestalten konnten.

Video 9
Wir haben es probiert. Es wurde hier ausdrücklich versucht, möglichst genau der Metrostyle-Linie zu folgen. Das Ergebnis hört sich noch nicht ganz so überzeugend an, wie erhofft—wir müssen wohl noch weiter üben! Obwohl der Fokus des Selbstexperiments war, „nur“ der Tempo-Linie zu folgen, stellt selbst die Tempogestaltung noch eine Herausforderung dar.
Am Anfang der Rolle ist eine Metronomangabe aufgedruckt, die einen anfänglichen Referenzwert bietet. Aber in weiterer Folge muss der/die Spieler/in selbst abschätzen, wie sehr und in welchem Rahmen das Tempo variieren soll. (Und trotz Normierungsversuchen zwischen verschiedenen Herstellern, kann es auch sein, dass man die Metronomangabe erst einmal für das zur Verfügung stehende Instrument umrechnen muss.)
Außerdem lässt sich beobachten: Das Pianola verleitet dazu, zu schnell zu spielen. Aber auch wenn es noch Verbesserungspotenzial gibt: für eine/n Spielende/n ohne musikalische Ausbildung ist es natürlich bereits eine große Errungenschaft so ein Stück überhaupt spielen zu können! Widmet man sein ganzes Leben dem Pianola, könnte man auch heute noch in die Fußstapfen von weltbekannten Konzert-Pianolisten treten, wie etwa Rex Lawson. Dann klingt das so:

Rex Lawson: Strawinsky und das Pianola.

Bedienoberfläche

Details einer Phonola der deutschen Firma Hupfeld aus der Sammlung des Deutschen Museums (Inv.-Nr. 31069)

(Bitte angeben) Foto: Deutsches Museum, S. Probst CC BY-SA 4.0

(Bitte angeben) Foto: Deutsches Museum, S. Probst CC BY-SA 4.0

Aufsicht auf eine Phonola der deutschen Firma Hupfeld (Inv.-Nr. 31069). (Bitte angeben) Foto: Deutsches Museum, K. Rainer CC BY-SA 4.0


Neben dem Handhebel für Temposchwankungen, der mit der rechten Hand bedient wird, gibt es normalerweise zwei Hebel für die linke Hand, die für die Regulierung der Dynamik (zusätzlich zu den Pedalen) benutzt werden. Die beiden Dynamikregler teilen die Klaviatur in der Hälfte in ein Bass- und ein Diskant-Register und erlauben so eine differenzierte Gestaltung von Melodie und Begleitung. Auf den Notenrollen war oftmals auch eine gepunktete Linie aufgezeichnet, die, ähnlich dem Metrostyle, Schwankungen in der Dynamik angibt. Außerdem waren Bezeichnungen wie „forte“ und „piano“ aus der Partitur übertragen. 

Bei der Hupfeld Phonola gibt es vorne noch zwei weitere Hebel mit runden Noppen, die vom Instrument abstehen. Mit diesen kann man die Pedale des Klaviers (Fortepedal und Una-corda-pedal) bedienen.

Bedienhebel an einem Pianola der Orchestrelle Company / Aeolian (Inv.-Nr. TEKS0027495), ca. 1909-11. (Bitte angeben) Foto: Tekniska Museet, Schweden, P. Hall CC BY-SA 4.0


An einem Pianola der Aeolian Company (oder deren Britischer Tochtergesellschaft, der Orchestrelle Company), sieht die Bedienoberfläche etwas anders aus, die Hebel haben aber die gleiche Funktion wie an der Phonola: rechts der Tempo („Metrostyle“)-Regler; ganz links: Bedienung des rechten Pedals; in der Mitte: zwei Hebel, um jeweils Lautstärke von Diskant und Bass zu kontrollieren.

Zitierweise: Stephanie Probst, „Spielen wie Paderewski, Chaminade und Co.: Musikpädagogik mit Notenrollen für das Pianola“, in: Materialität der Musikinstrumente. Eine virtuelle Ausstellung.